30.04.2022 Mallorca 312
Unser Andre Striegl war in diesem Jahr bei der „vollen Distanz“ der Mallorca 312 am Start. Hier sein Bericht zu diesem außergewöhnlichen Exploit:
„Die Vorbereitung:5 Monate strukturiertes Training, 225 Trainingsstunden, 5.500 km auf dem Rad – bei Frost, Schnee, Regen und manchmal bis Mitternacht auf dem Indoortrainer – und das neben Vollzeitjob und Familie.
Die Fakten: 312 km, knapp 4.700 hm, insgesamt 8.000 Starterinnen und Starter, davon ca. 1.700 über die volle Distanz, gesperrte Straßen, darunter die spektakuläre MA10 durch die Sierra de Tramuntana.
Das Rennen: Im Oktober 2021 konnte ich das erste Mal M312-Luft schnuppern, damals allerdings nur auf der “kurzen” Strecke über 167 km, und ich war absolut begeistert. Eine Stimmung wie bei den großen Radsportmonumenten, tausende Gleichgesinnte und eine Streckenführung, die landschaftlich ihresgleichen sucht. Ebenfalls am Start waren einige der bekanntesten Ruheständler des Radsports: Alberto Contador, Jan Ullrich oder Joseba Beloki. Und daraus entwickelte sich für die 2022er Ausgabe eine fixe Idee: Die Streckenzeit von Jan Ullrich zu schlagen. Und damit standen 11:00:09 Studen im Raum. Ein dickes Brett!
Unterstützung hatte ich von meinem Spezl und langjährigen Radlkollegen Marc, der für den Tag einen “Stundenplan” ausgearbeitet hatte.
Und dann war es so weit. 5:45 Uhr, noch 45 Minuten bis zum Start und vor uns stehen bestimmt schon 1.000 Leute. Die Stimmung im Feld ist ausgelassen, das Wetter perfekt. Zum Startschuss dann das übliche Chaos. Um unseren Zeitplan einzuhalten, mussten wir so weit wie möglich nach vorne, um am ersten Anstieg zum Col de Femenia nicht eingebaut oder in der Abfahrt blockiert zu werden. Das hieß, auf den ersten 20 flachen Kilometern ordentlich Druck bis in den roten Bereich – was man bei der Distanz nicht unbedingt tun sollte, was hier aber fast unvermeidlich war. Vor dem zweiten Anstieg zum Puig Major hatten wir uns auf die vorderen 400 Plätze vorgearbeitet und lagen 10 Minuten vor dem Plan.
Es lief alles hervorragend und auch nach dem dritten Anstieg zum Col de Soller hatten wir noch ein komfortables Zeitpolster.
Die Idee war, den Aufenthalt an den weiteren Verpflegungsstationen so kurz wie möglich zu halten und uns während der Fahrt zu verpflegen. Doch schon beim nächsten Stopp war dieser Plan Makulatur. Bei mittlerweile 28 Grad, ohne Schatten und mit 180 km und 3.500 hm in den Beinen stelle sich dann doch eine gewisse Erschöpfung ein und die Pausen wurden länger. Hinzu kam, dass unterwegs einer meiner Flaschenhalter gebrochen und locker war, sodass die Flasche immer wieder gegen mein Bein kippte. Die notdürftige Reparatur kostete dann unseren Platz in einer schnellen Gruppe.
Der härteste Abschnitt folgte schließlich nach der Trennung zwischen der 312er und der 225er Gruppe. Die Beine riefen “Fahr geradeaus, dann bist Du nach 10 km im Ziel!”, aber der Kopf behielt die Oberhand und zwang zum Abbiegen.
Südöstlich der Tramuntana gab es dann keine “echten” Berge mehr, dafür wellige, schnurgerade, schmale Wege mit extrem rauem Belag. Und wenn die Wellen auch nur wenige Höhenmeter hatten, hielten sie für uns nadelstichartig garstige Inklinationen bis 14 % bereit. Eine Qual für die Psyche und die Beine! Du hast die Welle genommen und schaust von der Kuppe bereits auf die nächste. Einfach zermürbend. Unsere innere Verfasstheit erreichte ihren Tiefpunkt.
Völlig überraschend traf uns dann die letzte Verpflegungsstation in Arta. Party wie bei der TdF, Massen am Straßenrand, die uns feierten und abklatschten, als wären wir gerade Etappensieger geworden, und ehe wir uns versahen, hatten wir ein ein alkoholfreies Bier in der Hand und wippten zur Musik. Genau richtig, um die letzten Kräfte zu mobilisieren!
Und dann ging es im Grupetto auf die letzten 30 fast flachen Kilometer. Hier gab jeder nochmal alles und am Schluss stand für Schlussetappe noch ein 37er Schnitt auf dem Tacho.
Wahnsinn!!
Im Ergebnis 10:55:36 h Bewegungszeit und damit knapp fünf Minuten schneller als Ulle bei der vorherigen Ausgabe. Aufgrund der leider notwendigen Pausenbummelei und meines Defekts waren wir allerdings gute zwölf Stunden auf der Strecke. Damit in der Gesamtwertung auf der Langstrecke die zeitgleichen Plätze 469 und 470 – eine mehr als verdiente Platzierung im oberen Viertel der Finisher und eine Geschichte, die sich bei den nächsten Coffeerides noch wunderbar ausschmücken lässt.“
Wir gratulieren!