08.06.2025 Comrades Marathon
Als am 08.06.2025 um 5:40 h in der südafrikanischen Stadt Pietermaritzburg, die in der Provinz Kwazulu-Natal liegt, die in fünf Sprachen gesungene südafrikanische Nationalhymne erklingt, sind über 20000 Läuferinnen und Läufer bereit, die 98. Austragung des Comrades Marathons über 90 km in Angriff zu nehmen. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus über 60 Nationen sind auch Beatrix Widmer und Joachim Hainz vom RSV, die für das Medius Schachenmeier Bike Base Team starten, dabei.
Eine Besonderheit dieses Laufs ist neben seiner langen Geschichte die Tatsache, dass im jährlichen Wechsel ein „down-run“ bzw. ein „up-run“ durchgeführt wird. 2025 ist ein down-run Jahr, d.h. es wird in Pietermaritzburg gestartet und im tiefergelegenen Durban, das an der Ostküste Südafrikas liegt, ins Ziel gelaufen. Der Lauf erstreckt sich – egal ob up- oder down-run – immer über ca. 90 km. Beim down-run müssen 1000 Höhenmeter bergauf bewältigt werden, dafür geht es aber insgesamt 1600 Höhenmeter bergab.
Was als Lauf zum Gedenken der im ersten Weltkrieg gefallen Kameraden (daher auch der Name) von Vic Clapham im Jahr 1921 initiiert wurde, gilt heute als teilnehmerstärkster Ultramarathon der Welt. Erst seit 1975 sind auch schwarze Teilnehmer erlaubt, im gleichen Jahr durften auch Frauen erstmals starten. Bei den Frauen gab es auch zwei deutsche Siegerinnen: Maria Bak (1995, 2000, 2002) und Birgit Lennartz (1999). Einziger deutscher Sieger ist Karlheinz „Charly“ Doll (1993), dessen Sohn Benedikt als Biathlon-Weltmeister einem breiteren Publikum bekannt sein dürfte.
Nach einer von Flugabsagen, wetterbedingten Verspätungen, Flugumbuchungen und Gepäckverlust geprägten Anreise haben es Beatrix und Joachim doch noch in voller Laufausrüstung an die Startlinie geschafft. Nach einer nicht optimal verlaufenden Vorbereitung hatte Beatrix sich als persönliches Ziel vorgegeben, die Strecke vor Zielschluss, also in unter 12 Stunden, zu schaffen. Sie schloss sich dazu der 11:30h-Gruppe an und profitierte dabei nicht nur von der Erfahrung der vier „Tempomacher“, sondern insbesondere auch von der guten Stimmung, die diese stets verbreiteten (einer hatte sogar ein Tambourin dabei). Interessant sind auch die Strategien, die die Zielzeitläufer beim Comrades Marathon aufbieten. So gibt es Intervalle mit 10 Sekunden (!) gehen und 10 Sekunden laufen. Bemerkenswert ist beim Comrades Marathon auch die große Anzahl von Zuschauern entlang der Strecke. Kurz nach dem Start nimmt man beim Durchlaufen der Vororte von Pietermartizburg amüsiert wahr, wie viele Menschen sich am Sonntag zu früher Stunde im Bademantel vor die Tür begeben, um die Laufenden singend und tanzend anzufeuern. In jeder Stadt und in jedem Dorf, dass man in Richtung Durban passiert, stehen die Leute dicht gedrängt und unterstützen die Läuferinnen und Läufer. Das beschränkt sich nicht auf bloßes Anfeuern: es werden zusätzlich zur offiziellen Verpflegung und Betreuung Getränke, Essen (gekochte Kartoffeln mit Salz) und auch Massagen bzw. Eisspray angeboten. Nach einer solchen Verpflegung hat Beatrix leider die 11:30h-Gruppe „verloren“. Allerdings war das Rennen zu diesem Zeitpunkt schon so weit fortgeschritten und Beatrix fühlte sich noch gut, so dass es kein Problem war, allein ins Ziel zu kommen. Wie sehr viele Läuferinnen und Läufer befolgte auch Beatrix den Ratschlag, die Bergaufpassagen zu gehen. Im Flachen bzw. bergab lief sie dann wieder und verwaltete ihren „Vorsprung“ auf das Zeitlimit bis ins Ziel, dass sie nach 11:42:56 h (Position 3050 bei den Frauen und Position 473 in der AK) erreichte. Im Dunkeln gestartet, im Dunkeln angekommen und überglücklich: so lässt sich Beatrix Teilnahme am Comrades Marathon 2025 kurz zusammenfassen.
Für Joachim war klar, dass sein Knie irgendwann gegen die aufgezwungene Belastung rebellieren würde. So befreite er sich von allen Zwängen, eine bestimmte Zeit erreichen zu wollen. Als nach 30 km das rechte Knie bereits angeschwollen war, ging es „nur“ noch darum, die restlichen 60 Kilometer irgendwie zu bewältigen. Glücklicherweise war Joachim noch in der Lage, die Bergabpassagen zu laufen. Dank des Eissprays der offiziellen und inoffiziellen Helfer und dem gelenkschonenden „Traben“ gelang es auch Joachim, den Zielbogen in Durban in der Zeit von 9:47:45 h zu passieren (Platz 6043 Overall und Platz 684 in der AK).
Zu diesem Zeitpunkt waren die Siegerin Gerda Steyn in 5:51:19 h und der Sieger Tete Dijana in 5:25:28 h längst geduscht. Beide Leistungen sind noch höher zu bewerten, wenn man sich vor Augen führt, dass Tete Dijana durchschnittlich eine Marathonzeit von ca. 2:32 h auf 90 km gelaufen ist und Gerda Steyn entsprechend ca. 2:45 h! Besondere Erwähnung verdient auch der 83-jährige Südafrikaner Johannes Mosehla, der das Ziel in 11:47h erreichte und zu Recht mit tosendem Applaus empfangen wurde.
Noch eine abschließende Bemerkung zu den Zuschauern und ihrem speziellen Humor. Wenn man nach einem Kilometer mit „almost there“ angefeuert wird, fragt man sich, wie „nett“ das wirklich gemeint ist! Auf Plakaten, die auf den Bergabpassagen mehrfach zu sehen waren, stand (sinngemäß), dass Zehnägel nur etwas für „looser“ wären. Einen Tag nach dem Lauf hat sich dann herausgestellt, dass Beatrix und Joachim nicht zur Kategorie „looser“ gehören.

